Do 31.12.2015
Claudia holt mich zu Hause ab. Mein Grummeln in der Magengegend steigt ein wenig, obwohl ich weiß, dass es das Richtige ist, ich mich darauf freue und schon sehr neugierig bin, was alles auf mich zukommt, mir wiederfährt und welchen Reichtum an Erfahrungen ich mitnehmen werde.
Umso schöner war die Überraschung am Flughafen, als dort auch noch Petra, Henning, Thorsten und Daniela auf mich warteten, um sicher zu gehen, dass ich auch wirklich einsteigen werde. Nach einem ausgiebigen Kaffee ging es dann zur Sicherheitskontrolle, wo wir uns verabschiedeten, nicht ohne noch einen kleinen Kater mit Heftpflaster auf dem Herzen als Glücksbringer zu bekommen, den ich „Hugo“ nennen werde.
Fr 1.1.2016 Ankunft in Santiago
Die erste Hürde liegt also bereits hinter mir, denn ich sitze im Flieger von Panama nach Santiago de Chile. Und das trotz One-Way-Ticket. Wie ich im Condor Flieger von Frankfurt über Santo Domingo nach Panama von meinem Nachbarn erfuhr, musste er einen Weiterflug aus Panama nachweisen, da ihn ansonsten Condor nicht befördert hätte. Auch ich hatte mir für diesen Fall ein Busticket von Santiago de Chile nach Mendoza/Argentinien gebucht. Jedoch war mein Vorteil, dass ich bereits in München in eine LH Maschine einstieg und mein Gepäck sofort bis Santiago durchgeroutet wird. So umging ich in Frankfurt dieser lästigen Frage, da ich alle meine Boardingpässe bereits besaß. Und so kann ich meine gebuchte Busfahrt wieder stornieren. Kosten ca. € 6,-.
Die Gedanken fahren Achterbahn. Das fängt an bei den vielen Dingen, die mir diese Reise überhaupt erst ermöglichten und richtet sich in die Zukunft, was alles kommen wird. Jetzt freue ich mich auf Fernando und Beatriz. Ihren Kontakt habe ich über Jeanette bekommen und wie selbstverständlich hatten sie sofort zugesagt, mich vom Flughafen abzuholen. Auch ihre 18-jährige Tochter Fernanda (Feña) kam mit. Die Freude war riesig, uns endlich persönlich kennen zu lernen, hatten wir doch bis dato nur über Facebook kommuniziert. Und mein Spanisch ist durchaus passabel, sodass wir uns gut verständigen konnten, wenngleich das Chilenisch schon eine besondere Herausforderung ist. Zu allererst fuhren wir zu ihnen nach Hause und aßen gemeinsam zu Abend, bevor mich Fernando in mein bereits vorher gebuchtes Hostel ca. 10 min entfernt von ihnen brachte. Es war zwar einfach, hatte aber alles, was es braucht. Und wenn man bar in Dollar bezahlt, wird auch nicht die einheimische Mehrwertsteuer von 19% fällig. 21US$ anstatt $18.000 (ca. €25,-).
Sa 2.1.2016 Santiago
Fernando holte mich am Mittag im Hostel ab. Es gab die lokale Spezialität: Pastel de Choclo, ein Maisgericht, das es in unterschiedlichsten Ausführungen gibt. Im Anschluss holten wir Feñas Freund Pepe ab, und zusammen fuhren wir auf den Cerro San Cristóbal, von dem man eine herrliche Aussicht über ganz Santiago hat, eine Stadt mit mehr als 6 Mio. Einwohnern. Und so erkennt man von hier oben auch gleich den Unterschied zwischen dem armen und dem reichen Viertel. Oben thront die Statue Marias der Jungfrau. Nach einem leckeren Abendessen gab es wieder den Shuttle zum Hostel.
So 3.1.2016 Gletscherwanderung
Zusammen mit Emilio, Feñas kleinerem Bruder (16 Jahre), holten mich Fernando, Feña und Pepe zu einem Ausflug um 9 Uhr im Hostel ab. Es geht zum nördlichst gelegenen Gletscher Chiles namens El Morado. Zur Stärkung für die Wanderung holen wir zuvor noch Empanandas, gefüllte warme Teigtaschen. Schon die Fahrt war abenteuerlich, denn alsbald wir die Straße eine Schotterpiste, die später recht steil einspurig endet. Da der Fahrer eines 4×4 nicht das Differential einschaltete, mussten wir ein längeres Stück zurück, um anschließend mit dem „armen“ Citröen Picasso problemlos an den oberen Parkplatz zu kommen. Aus versprochenen 1½ Stunden Aufstieg wurden es dann doch 2½ Stunden über schöne Wege, Geröll- und Schneefelder. Auch wenn sich die Sonne an diesem Tag nicht zeigte, hat sich die Mühe gelohnt. Der Gletscher ist schon imposant, und Sonnenbrand gab es trotzdem, da ich den Nacken vergessen hatte und die Sonnen eben doch irgendwie da ist.
Der Abstieg war dann tatsächlich nur 1½ Stunden. Und ich war dann froh, wieder am Auto zu sein, denn mein Knie machte sich bemerkbar.
Für das Abendessen holten wir auf dem Rückweg den für Südchile berühmten Kuchen de Nuezes. Ja, das Wort Kuchen ist tatsächlich aus Deutschland. Und anschließend trank ich meinen ersten Pisco Sour, eine Mischung aus Pisco, einem 35%-igen Schnaps, Limonensaft, Zucker und zu Schaum geschlagenem Eiweiß. Herrlich.
Gegen 22 Uhr brachte mich Fernando wieder ins Hostel.
Mo 4.1.2016 D-Day
Ursprünglich mit dem Bus geplant, hat es sich auch hier Fernando nicht nehmen lassen, mich beim Abholen meines Motorrades tatkräftig zu unterstützen. Um 7.30 Uhr stand er an meinem Hostel, um mich nach Valparaíso zu bringen. Nachdem wir noch Beatriz in ihrer Arbeit absetzten, waren wir um 10 Uhr da. Nach kurzem Fragen hatten wir auch sehrt schnell das Büro des Transportunternehmens im 4. Stock gefunden, in dem sich bereits zwei Franzosen und zwei Schweizer (Mark und Nicole) eingefunden hatten, um auch ihre Motorräder abzuholen. Mark erzählte mir dann auch die aufwendige Prozedur, die zum größten Teil das Unternehmen schon für uns abgenommen hatte. So mussten wir nach dem Ausfüllen einiger Papiere nur noch gemeinsam zum Amt für Migración von Transportmitteln gehen, persönlich unterschreiben und warten, bis die Papiere fertig werden. Wieder zurück im Büro treffen wir noch Yorick Gosman, einen Holländer, der natürlich auch dein Motorrad bekommen möchte. Da das Anfertigen der Kopien und das Weiterleiten an das ca. 20km entfernte Lagerhaus etwas Zeit in Anspruch nimmt, beschließen wir, gemeinsam Mittagessen zu gehen. Nach nur einem Kaffee zum Frühstück wurde es höchste Zeit dafür.
Fernandos Raumwunder hatte genug Platz für uns alles sechs. Und so fuhr er uns auch noch alle zum Lagerhaus, kümmerte sich um den dortigen Papierkram, die auf dem Gelände notwendige Sicherheitsausrüstung (Helm und Weste) und zeigte uns den Weg zu unseren Motorrädern. Alles war, wie es sein sollte. Nur noch die Batterie anschließen, ein letzter Vergleich der Fahrgestellnummer, eine letzte Unterschrift und wir konnten das Gelände verlassen und das erste Mal chilenischen Boden befahren. Was für ein Gefühl.
Jetzt darf das Navi das erste Mal zeigen, was es kann. Und es kann wirklich viel. Nachdem ich das Handy im Rucksack vergaß, der jetzt in Fernandos Auto liegt, bleibt ihm auch nichts anderes übrig. Problemlos lande ich wieder bei Morales’ Haus, einzig der Einlass in das gesicherte Areal dauert ein wenig, da ich nicht anrufen kann.
Jetzt beginnt das Sortieren, Ordnen, Umpacken, Einräumen, Verstauen.
Alles lief so reibungslos. Einfach klasse, danke Fernando!
Di 5.1.2016 (Taufe und Abfahrt)
Um Beatriz und Emilio, der freiwillig noch einen Kurs in den Ferien belegt, zu verabschieden, stehe ich ebenfalls um 6.30 Uhr auf und frühstücke noch gemeinsam. Ein zweites Frühstück dann gegen 9 Uhr mit Fernando, seinem Vater Patricio und Feña.
Während ich meine letzten Vorbereitungen treffe, fährt Fernando nochmal kurz weg und präsentiert mir sein Werk an der BMW. Ab jetzt heißt sie „Flecha Negra“ (Schwarzer Pfeil) und trägt auch eine chilenische Flagge. Einfach soo nett!!
Nachdem auch „Hugo“ mittels Kabelbinder befestigt wurde, kann die Reise mit dem ca. 420kg schweren Koloss auf der Ruta 5 Al Sur losgehen.
Nach der recht langweiligen Autobahn, die auch für Motorräder Maut kostet, entscheide ich mich, diese zu verlassen und über die Dörfer zu fahren. Bei der ersten Gelegenheit, als ich ein paar Lebensmittel einem der vielen Supermercados kaufen will, spricht mich ein Südtiroler, der seit über 20 Jahren hier lebt, auf Deutsch an. Zum Schluss stellt er mir die fast schon obligatorische Frage, ob er noch irgendetwas für mich tun könne. Erneut zeigt sich die unheimliche Gastfreundlichkeit, Hilfsbereitschaft und Achtsamkeit der Menschen hier. Es ist einfach ein unbeschreiblich schönes Gefühl!
Die ersten Tropfen kommen. Und so beschließe ich, Richtung Westen zu fahren, da dort das Wetter besser zu sein scheint. Tatsächlich zeigt sich bald die Sonne… Und auch die erste Schotterpiste. Dessen nicht genug versetzte mir der Sand weitere Adrenalinstöße. Von nun an heißt es vollkommene Konzentration, denn eine Unachtsamkeit und mein Gefährt kann sich der Schwerkraft nicht mehr entziehen.
Falls es mal nicht die Straße ist, die meine volle Aufmerksamt benötigt, so sind es die vielen, meist herrenlosen Hunde, die unvermittelt auf die Straße treten und mich dazu zwingen, entweder zu bremsen oder zu hupen und eine Bogen zu fahren. Durchaus Glück, dass ich noch nicht heute die Straße küsste. Aber auch die schönen Bergstraßen mit ihren vielen Kurven entschädigen für die langweilige Ruta 5. Am Ende lande ich in einem kleinen Dorf Llico und übernachte das erste Mal im Zelt auf dem dortigen Campingplatz ($6.000) Laguna Torca aufbaute. Mit mäßiger Internetverbindung schrieb ich noch Alexa an, die ich aus Salamanca her kannte, um mir die Kontaktdaten von Johanna, einer Österreicherin, die sich derzeit in Chile zum Reiten aufhält, zu geben.
Mo 6.1.2016 Plan B
Nachdem die Nacht ein wenig durch die doch lauten Chilenen auf dem Nachbarplatz unterbrochen war, schlief ich dann doch bis 9 Uhr weiter. Dann die erste Feuerprobe meines Kochers. Mit Benzin betrieben braute ich mir meinen ersten Kaffee: wunderbar. Zusammen mit Apfel und Joghurt (leider nur mit Geschmack, Naturjoghurt hier selten gewünscht wird) ein Frühstück nach meinem Geschmack.
Nach anfänglicher Passstraße (Schotterpiste) entlang der Lagune fuhr ich hinunter zur Küste, an der mich eine wunderschöne und kurvenreiche Asphaltstraße begrüßte. Mit 100km/h und Musik im Ohr ging es Richtung Institución, wo ich eine mäßige Pizza aß, jedoch WLAN hatte.
Und so wurde mein Plan geändert und ich nahm Kurs in Richtung Osten auf. Johanna hatte sich gemeldet. Selbstverständlich kann ich auf dem großen Areal ihrer Gastfamilie mein Zelt aufschlagen. Ich bin herzlich willkommen.
Also nächste Station: Rari in der Nähe von Panimávida (25km nordöstlich von Linares). Zwei Jungs des dortansässigen Supermarktes wollten unbedingt noch auf ein Foto mit Flecha Negra und mir.
Über eine kurze Schotterstrecke kam ich dann im Hof „Rarimalas“ an, eine Heidelbeerfarm von José Luis Pinochet und seiner Frau Gabriela. Was ich dort vorfand, machte mich sprachlos: ein unheimlich süßes Haus mit sehr gepflegtem Garten und einem Pool. Ja, dort lässt es sich aushalten. Als ich später erfahre, dass die beiden über siebzig sind, verschlägt es mir die Sprache. Sie schauen wesentlich jünger aus.
Nach dem Aufbau meines Zeltes neben dem Pool erwartete mich ein reichhaltiges Abendessen. Ich fühlte mich wie im Paradies! Und morgen werde ich Flecha Negra für einen Tag in ein Pferd eintauschen.
Do 7.1.2016 Mein erster Ausritt
Nach einem kurzen Frühstück um 8 Uhr sind Johanna und ich zum Stall und mein erster Ausritt seit Jahrzehnten stand bevor. Kurze Einführung in Zaumzeug und Sattel, dann geht es los auf den hauseigenen Berg. Diese Art von Freiheit ist nicht vergleichbar, entschleunigt sie doch ungemein. Man ist Eins mit der Natur und hört die Vögel und das Rascheln im Unterholz.
Nach dem zweiten Ausritt gab es ein stärkendes Mittagessen mit hausgemachtem Pastel de Choclo. Am Nachmittag ein dritter Ritt, einfach herrlich. Und ermüdend. Tatsächlich bin ich auf der Liege am Pool eingeschlafen, bevor wir zu den Läden in Rari fuhren, die Handwerkskunst verkauft, die es nur hier gibt: aus Pferdehaaren hergestellte Puppen, Lesezeichen und andere Kunstgegenstände. Aus Platzgründen kaufte ich zwei Lesezeichen, die mich von nun an begleiten. Nach dem Abendessen sind wir bald ins Bett. Mal sehen, ob es Muskelkater gibt.
Fr 8.1.2016 Abschied
Diese unendliche Gastfreundlichkeit ist ein unbeschreibliches Gefühl, das mir seit der ersten Stunde hier in Chile begegnete. Umso schwerer fiel mir der Abschied nach dem Mittagessen, nachdem Johanna und ich noch einen morgendlichen Ausritt machten, auf dem ich tatsächlich galoppiert bin.
Ein Foto und für das nächste Picknick avenallas chilenas (kleine Haselnüsse, die es nur in Chile gibt), dann ging es wieder los. Inzwischen hatte auch der Regen wieder aufgehört, der sowohl in der Nacht als auch am Morgen sich nieselnd breitmachte, was dazu führte, dass José Luis alle seine 70 Erntearbeiter unverrichteter Dinge wieder nach Hause schicken musste, da die Heidelbeeren nur ganz trocken geerntet werden dürfen.
Der Muskelkater hielt sich bis dato in Grenzen. Aufgrund fehlender Alternativen bin ich die 300km bis Victoria auf der Ruta 5 gefahren.
Einzige Aufregung war mein geschmolzener Ersatzkanister, der den warmen Auspuffgasen auf der linken Seite nicht standhielt. Notdürftig mit Panzerband geflickt und auf die linke Seite verfrachtet ging es weiter. Leider hielt auch das Band dem Benzin nicht stand und löste sich mit der Zeit in Wohlgefallen auf, sodass ich den Kanister wohl wegschmeißen kann. Aber wenn es dabei bleibt, ist ja alles in Ordnung.
In Curacautín bin ich, wie so oft, vor dem Supermarkt angesprochen worden, und so fragte ich nach einer schönen Übernachtungsmöglichkeit. Laguna Blanco war mein Ziel, das über eine 19km lange Schotterpiste zu erreichen war. Als ich hier oben nach Jens fragte, der mir genannt wurde, sagte mir Mark, dass dieser bereits in Chiloé sei. Auch so bekam ich einen schönen Platz mit tollem Sonnenuntergang ($8.000; ca. € 11,-), Bad und warmer Dusche. Nach dem Essen saßen ein Belgier und Laura, eine Deutsche, die hier arbeitet, noch am Lagerfeuer zusammen. Abenteuerromantik pur.
Sa 9.1.2016 Adrenalin pur
Inzwischen im Besitz von Haferflocken (avenas) ist mein Frühstück fast perfekt. Nur Naturjoghurt lässt noch auf sich warten. Und das Auf- und Abbauen des Zeltes nervt ein wenig. So komme ich gegen 11.30 Uhr wieder los. Und ich will natürlich die Lagune sehen. Auf dem Weg dorthin begegne ich einem Greifvogel, der sich wohl extra für mich am Wegesrand auf einem Baumstamm niederlässt, um von mir fotografiert zu werden. Diverse Gatter veranlassen mich, zu Fuß weiter zu gehen. Leider finde ich die Lagune nicht. Auch den anderen Weg, den ich dann unvernünftiger Weise mit dem Motorrad gefahren bin, führte mich nicht zum Ziel, sondern ließ meine Nerven extrem anspannen. Geröll gepaart mit einer extremen Steigung waren für Flecha Negra und mich größte die Herausforderung, die wir gerade noch ohne Sturz meistern konnten. Die 19km Schotterpiste zurück waren dann fast schon eine Wohltat, wobei ich mich auf die anschließende Teerstraße tatsächlich freute. Diese Freude hielt nur kurz, da bereits auf dem Weg zum Nationalpark Conguillio wieder Enduromdus angesagt war. Die Maut für den Park beträgt $6.000 (ca. €8,50) und sind gut angelegt. Denn es gibt neben Lagunen und Seen jede Menge Vögel, 1000 Jahre alte Bäume und den Blick auf den Volcán Lliama. Leider trägt der immer mehr werdende Sand nicht zur Entspannung bei, sondern fordert größte Wachsamkeit. Mehrmals entgehe ich nur knapp einem Sturz. Bereits jetzt zeigt sich, dass der Kompresssor seine Anschaffung wert war, da ich durchaus für längere Schotterfahrten den Luftdruck senke und ihn anschließend wieder für die Straße anpasse, um die Reifen nicht unnötig zu belasten.
Nach dem Mittagessen zeigt sich der Vulkan sogar in Melipeuco ohne sein Häubchen im vollen Glanz und in voller Größe.
Wieder auf Asphalt fahre ich nach Villarrica, das um diese Zeit touristisch sehr bevölkert ist, und ich daher gleich weiter nach Lican Ray an den Lago Calafquen fahre. Ich beschließe, einen Ruhetag einzulegen, um mich wieder zu regenerieren und das Zelt für einen Tag stehen lassen zu können.
Ich weiß nicht, ob es vom Reiten kommt oder einfach das ungewohnte Fahren auf Schotter mit viel Gepäck zusammen mit dem Auf- und Abbauen des Zeltes. Aber es ist ganz schön anstrengend.
So 10.1.2016 Faulerzertag
Ich genieße den Tag am Strand und schlafe sogar mehrmals ein. Jetzt komme ich endlich mal dazu, mein Buch auszupacken und beginne zu Lesen. Auch das will ich ja schließlich lernen. Einfach mal nichts tun. Am späteren Nachmittag fange ich dann mit dem Schreiben des deutschen Tagebuchs an. Ich fühle mich erholt und freue mich auf die nächste Woche.
Mo 11.1.2016 Kurvenparadies
Jetzt bin ich fast eine Woche unfallfrei gefahren, muss aber in der Nacht auf dem stockdunklen Campingplatz über ein Bank stolpern und mir mein Knie aufschlagen. Hätte ich auch nicht gedacht.
Inzwischen klappt das Abbauen immer schneller und so bin ich um 11 Uhr abfahrbereit. Am Ostufer in Richtung Coñaripe auf Asphalt, dann aber wieder Schotter für die nächsten 100km. Also erst einmal wieder die Luft rauslassen. Habe ja schon Übung darin. Was für ein Panaorma. Rauf auf 600m, dann wieder runter auf 200m, schöne Kurven und immer wieder schneebedeckte Vulkane. Vorbei am Lago Neltume nach Punahue. Sogar das Navi kennt sich besser aus, als meine Karte. Denn kurz hinter Choshuenco ist plötzlich Schluss und es heißt umdrehen. Das war auch die wesentlich bessere Wahl. Wieder Asphalt unterm Reifen geht es am kurvenreichen Lago Panguipulli entlang, nicht ohne zuvor dank des Kompressors Luft in beide hineinzugeben. Dabei stelle ich fest, dass ich bis auf mein reichhaltiges Werkzeug und die Notfallmedizin alles gebraucht habe, was ich eingepackt hatte.
Die Abstände zwischen den Tankstellen sind zuweilen doch recht lang. Und so bin ich froh, als ich in Futrono erst Flecha Negra etwas geben kann (den bisher teuersten Saft) und anschließend mir zwei Empanadas und eine Coke gönne. Weiter geht es am Ostufer des Lago Ranco nach Llifén bis zur Ortschaft Lago Ranco. Traumhaft!
Und jetzt kennt mein GPS doch noch einen weiteren Weg, der in der Karte nicht eingezeichnet ist – und somit wieder Schotterstraße für die nächsten 30km bis nach Entre Lagos. Luft raus und los. Und wie ich so dahin hoppel passiert es dann. Meine Windschildverlängerung verabschiedet sich. Also Umdrehen, Zurückfahren und… nein, jetzt lande ich doch tatsächlich im rechten Straßenrand. Noch ist nichts passiert, d.h. sie steht noch, aber es ist gar nicht so einfach, die 330kg (ohne mich) wieder aus dem Graben zu befördern. Mit viel Kupplung und entsprechendem Gestank schaffe ich es dann. Ich drehe um, setze das Windschild wieder auf und fahre weiter. Nochmal gut gegangen. Da ich mir heute Therme einbilde, fahre ich am Lago Puyehue noch bis zur gleichnamigen Therme mit angeschlossenem Hotel. Endlich mal kein Zelt aufbauen und bei 41 Grad baden. Herrlich!
Doch dann bemerke ich, dass ich wohl meinen Beutel mit den Ladegeräten für Notebook und Kamera auf dem letzten Campingplatz vergessen habe. Das muss ich dann morgen klären.
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2.Teil
Di 12.1.2016 Vulkane
Nachdem ein Anruf auf dem letzten Platz ergebnislos blieb, fand ich schlussendlich den Beutel vergraben im rechten Koffer wieder. Alle Aufregung umsonst. Und ich bin froh darüber, dass er da ist. Gegen 12 Uhr fahre ich bei recht bewölktem Himmel und kühlen 17°C in los. Sogar mein Innenfutter habe ich in die Jacke getan. Nachdem mein erstes Ziel Puerto Octay nicht wirklich viel zu bieten hat, fahre ich erneut im Uhrzeigersinn in Richtung Volcán Osorno und Volcán Calbuco, der letztes Jahr ausgebrochen war (Bilder unter chilereisen.at). Diese Strecke ist ein Muss für jeden Motorradfahrer, auch wenn natürlich zwischendurch wieder Steine kommen. Aber daran gewöhnt man sich… Bei einem Stopp am Ufer des Lago Llanquihue, bei dem ich mit einer alte Dame, die 1938 ausgewandert war, auf deutsch unterhielt, suchte ich in meinem Footprint ein Hostel in Puerto Varas. Ich hatte Glück, denn ohne Reservierung ist im Normalfall hier nichts zu bekommen. Genau für eine Nacht war in der Hosteria Outsider, die von einem Österreicher geführt wird, etwas frei. Und um die Ecke war auch ein Waschsalon. Meine Sachen hatten es inzwischen echt nötig. Der Ort ist touristisch, was durchaus seinen Reiz hat, da an jeder Ecke Musikanten und andere Künstler stehen. Inzwischen gibt das Wetter den Blick auf die beiden Vulkane frei. Postkartenmotiv! Ich genieße das Schlendern durch die Straßen vorbei an der Villa Kuschel, dem ältesten Haus von 1910, weiter am Seeufer und besuche noch das Museum von Pablo Ferro, der Altertümliches sammelt und kostenlos in einem sehr witzigen Haus, das ehemals ein Wasserhaus war, ausstellt. Beim Italiener im Haus des Hostels lasse ich den Tag bei Lachs und Kartoffeln ausklingen.
Mi 13.1.2016 Auf nach Chiloé
Wäsche sauber und vollzählig (!), Website aktualisiert und getankt. Jetzt kann es losgehen nach Puerto Montt zum Marisco essen. Die sind auch ganz in Ordnung, denke aber, es gibt bessere. Da außer viel Verkehr hier nicht viel zu sehen ist, steuere ich gleich wieder die Ruta 5 Sur an, um nach Chiloé weiterzufahren. Immer noch genauso langweilig. Also „über die Dörfer“. Wie Achterbahnfahren geht das hier. Aber Vorsicht, das ändert sich von jetzt auf gleich, doch auch diese Kurven sind wunderschön, eben nur langsamer. Die Fähre steht bereit und kostet für 25 Minuten Überfahrt nach Chacao ganze $8.050 (€11.50). Das ist mehr als am Bodensee. Die Abwechslung der Bodenbeläge erfordern auch weiterhin volle Konzentration, dennoch lohnt die Strecke an der Küste entlang bis Quemchi und dann nach Dalcahue bis nach Castro. Dort steht die sehenswerte vollständig hölzerne Kirche in Gelb und Lila. Noch den Bargeldbestand auffüllen, dann geht es weiter an die Westküste nach Cucao. Ich finde des Campingplatz aus dem Reiseführer und werde nicht enttäuscht. Ein Idyll mit See vor dem Zelt am Rande des Nationalparks Chiloé. Nur die Pferdefliegen und Mücken nerven. Zum Abendessen gibt es Paprika mit Chili und Ei, dazu Avokados, die hier Palta heißen und die besten sind, die ich je gegessen habe. Da ich hier noch weiter im Süden bin, geht die Sonne noch später unter. Die Vögel zwitschern und ich genieße die Ruhe.
Do 14.1.2016 Bitterkalt und kein Ticket
Die Nacht war erstaunlich kalt (einstellig), sodass ich meine lange Hose anbehielt und froh war, den warmen Schlafsack mitgenommen zu haben. Nach dem Frühstück suche ich den eingezeichneten Wanderweg auf den Berg im NP, um leider festzustellen, dass dieser eher eine Forststraße ist und die Einheimischen, die hier wohnen, ihr Feuerholz holen und dabei nicht unerhebliche Mengen an Benzin und Öl verlieren. Echt eine Sauerei. Schade! So fahre ich zum Strand weiter und mache dort einen ausgedehnten Spaziergang. Dieser Salzgeruch ist einfach schön. Aber die Pferdefliegen sind wirklich überall! Anschließend fahre ich erneut nach Castro, um für mein Moped und mich ein Ticket zu ergattern, entweder von Castro nach Chaitén oder von Quellón. Leider Fehlanzeige. Erst wieder in einer Woche! Selbst von Puerto Montt, sagte die Dame am Schalter, schaue es schlecht aus. Na dann… Ich fülle noch meine Vorräte im Einkaufszentrum auf, esse einen Kuchen in einem sehr netten Café, dazu einen Cappuccino, um dann doch noch die Créperie zu finden, von der meine Zeltnachbarn so geschwärmt hatten. Sehr lecker, mit dreierlei Käsesorten. Ich mache mich gerade auf den Rückweg, da fängt es an zu Tröpfeln. Also zurück zum Platz. Doch da passiert es. Hinter einer Kuppe fahre ich dieses Mal genau in das Schlagloch hinein, das ich tags zuvor noch sicher umfuhr. Ich bleibe sitzen, aber meine Windschildverlängerung hat sich erneut verabschiedet und fliegt weg. Also Umdrehen und suchen. Zunächst aber erst einmal schauen, ob der Reifen und die Felge etwas abbekommen haben. Ich scheine Glück zu haben. Denen fehlt nichts. Jedoch finde ich aufgrund des hohen Grases am Straßenrand auch mein Schild nicht mehr. Na ja. Als ich gerade im Zelt bin, fängt es unaufhörlich an zu Regnen. Und das ändert sich auch die ganze Nacht über nicht.
Fr 15.1.2016 Jetzt beginnt die Carretera Austral
Der Regen hat sich irgendwie verzogen, obwohl es rundum sehr finster aussieht, sitze ich in der Sonne und frühstücke. Sogar das Zelt kann abtrocknen, bevor ich alles wieder zusammenpacke. Ich nehme wieder Kurs auf die Ruta 5 nach Chacao (150km) zur Fähre nicht ohne nochmal zu schauen, ob ich das verlorene Schild finde. Und man meint es gut mit mir. Am Morgen haben die Straßenarbeiter das ganze Gras gemäht und so liegt es offensichtlich am Straßenrand und wartet darauf, von mir wieder augesteckt zu werden. Es gibt eben keine Zufälle. Und auch die Fähre hat nur auf mich gewartet. Ich bin das letzte Fahrzeug, das drauf darf. Der Preis hat sich auch geändert ($7.400). Und in Puerto Montt zeigt der Zähler 24.000km. Ich starte die Carretera Austral von hier aus und folge der schönen, gut ausgebauten Uferstraße in Richtung La Carena. Die erste Fähre stellt kein Problem und nach 30 Minuten ($7.300) bin ich in Puelche. Es regnet erneut heftig und somit lege ich meine Regenkombi an. Die Überhandschuhe geben mir wenig Gefühl, dafür bleibt alles trocken. Wie schon gewohnt führt die gut ausgebaute, kurvenreiche Teerstraße unmittelbar in die typische Carretera Austral mit Schotter und ihren riesigen Farnen am Straßenrand. Warum es immer wieder ausgebaute Streckenabschnitte gibt, wissen nur die Chilenen. Ich jedoch genieße auch diese. Die Stimmung ist irgendwie gespenstisch. Tief schwarze Wolken und nebelverhangene, steile Abhänge sehen mit den immer wieder vorkommenden einzelnen Sonnenstrahlen sehr malerisch aus. Fast kitschig. Gegen 19.30 Uhr lande ich in Hornopirén. Leider schließt das Büro für die Tickets bereits um 19 Uhr, sodass ich erst am nächsten Morgen um 7.30 Uhr mein Glück versuchen kann. Jetzt heißt es, eine Unterkunft für die Nacht zu suchen und denke schon darüber nach, mein Zelt wieder aufzuschlagen, da stoppe ich gleich nach der ersten Kurve. Ein Haus mit einem Schild „alojamientos“ (Unterkünfte) steht da. Fragen kostet nichts und so bekomme ich das wahrscheinlich kleinste Zimmer im Laufe meiner vielen Unterkünfte für $10.000 (ca. € 14,-), Frühstück inklusive. Alles kann trocknen und ich muss mir in der Früh keine Gedanken machen, das Zelt wieder einzupacken. Auf eine Empfehlung der Tochter des Hauses gönne ich mir zum Abendessen einen Fisch mit Kartoffelpüree, dazu zwei Gläser Wein und ein Wasser für $7.400 (€10,-). Draußen schüttet es wie aus Eimern. Bin ich froh, ein festes Dach über dem Kopf zu haben. Bald schlafe ich bald ein und merke, dass ich eine gute Matratze meiner Therm-A-Rest weiterhin gerne vorziehe.
Sa 16.1.2016 Auch Regen hat etwas
Pünktlich bin ich in der Früh im Büro, vergesse allerdings meine Papiere im Hostel. Also wieder zurück, Internationalen Fahrzeugschein und Reisepass geholt und nach 10 Minuten habe ich für Sage und Schreibe nur $7.950 (ca.€11,50) ein Ticket für die Fähre um 10.30 Uhr. Genug Zeit, um alles gemütlich und gewissenhaft einzupacken, und zu frühstücken. Dabei lerne ich noch Anton (aus D) und Camila (aus Kolumbien) kennen, die zu Fuß in Richtung Süden unterwegs sind. Man trifft sich bestimmt wieder. Warum ich bereits eine Stunde vorher an der Verladestelle sein sollte, obwohl die wohl langsam wissen, dass Motor- und Fahrräder zum Schluss verladen, wird für ewig ein wohl behütetes Geheimnis bleiben. Eine Gruppe Brasilianer mit großen Bikes ist auch gerade angekommen, hat aber keine Tickets. So wird leider nichts aus einem Erfahrungsaustausch. Schade.
Die 5-stündige Überfahrt verbringe ich mit Schlafen und Tagebuch schreiben, da durch die schlechte Sicht kaum etwas zu sehen ist. Pünktlich um 15.30 Uhr legen wir in Caleta Gonzales an (die Chilenen haben sich wohl die Pünktlichkeit von den Deutschen abgeschaut J. Jetzt heißt es erst einmal wieder Luft aus den Reifen lassen, denn es folgen 45 km Schotter bis Chaitén. Die Straße und der Regen erfordern vollste Aufmerksamkeit, sodass kaum Zeit bleibt, die Natur zu bewundern. Da die Sicht nicht besonders gut ist, scheine ich auch nicht viel zu verpassen. Die Ernüchterung kommt in Chaitén, denn dieser Ort ist – wohl nach dem Vulkanausbruch – so gut wie ausgestorben. Zunächst mal Tanken und wieder Luft auffüllen. Immerhin, das klappt, wenngleich der Preis für einen Liter in unermessliche Höhen geschraubt wird und inzwischen teurer als in Deutschland ist ($925 ca. €1,35). Jetzt Geld holen. Und das scheitert an der Unart, dass die Banken hier teilweise einfach zwei Dezimalstellen hinzufügen und somit meinen Verfügungsrahmen sprengen. Denn statt $200.000 (€ 280,-) fragen sie für $20.000.000 an, was meinem täglichen Limit von € 500,- deutlich übersteigt. Weder VISA noch MasterCard geben mir Geld. So muss ich wohl bis Coyhaique warten und hoffen, dass mein Geld reicht. Nach dem Essen heißt es nun, eine Bleibe für die Nacht zu suchen. Und da der Regen zwar weniger wird, ich davon jedoch nicht wirklich überzeugt bin, versuche ich es in dem Hostel, dessen Aushang ich im Restaurant finde, in dem ich gerade esse. Walter bietet mir ein geräumiges Zimmer für $12.000 (ca. €17,50) an und Flecha Negra hat einen sicheren Abstellplatz im Garten. Bald lerne ich Anna und Rafael aus HH kennen, die auch zu Fuß unterwegs sind und inzwischen ohne Kamera, da diese ihnen am Fuße des Cerro San Cristóbal in Santiago von einem jungen Mann mit vorgehaltenem Messer abgenommen wurde, samt Rucksack. Wirklich unglaublich. Morgen wird es weiter in Richtung Coyhaique gehen.
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3.Teil
So 17.1.2016 Gletschersicht
Der Wettergott meint es gut mit mir und weckt mich mit Sonnenschein. Von Chaitén aus fahre ich in Richtung Süden weiter durch herrliche Berghänge mit Wasserfällen, schroffen Felsen und jeder Menge Grün. Alle 30-40km wechseln sich Asphalt und Schotter ab. In La Junta mache ich Mittagspause und lerne Wayne kennen, einen Kalifornier, der hier in Chile arbeitet und mir gute Tipps gibt. Nachdem ich in dem 1938 von Sudetendeutschen gegründeten Dorf Puyuhuapi noch zu früh zum Übernachten bin und es sonst nicht viel zu sehen gibt, entschließe ich mich, noch ein Stück weiterzufahren und es mir in den Termas Ventisquero Puyuhuapi am Straßenrand gutgehen zu lassen. Bisher sind mir kaum Motorradfahrer entgegen gekommen, nur eine Brasilianische Gruppe fährt in die selbe Richtung wie ich. Da der Gletscher Ventisquero Colgate nicht weit von hier ist, fahre ich weiter dorthin. Es ist kurz nach sechs und somit beim Eingang des Nationalparks niemand mehr. Aber die Einfahrt ist möglich (Eintritt $5.000 gespart). Da ich das Häuschen des Camplingplatzes zu spät sehe, will ich umdrehen. Und dann passiert es doch: zu starkes Einschlagen, abschüssiger Grund und Unkonzentriertheit führen dazu, dass sich Flecha flachlegt. Jetzt erst einmal das ganze Gepäck runter und sehen, ob es mir gelingt, sie wieder aufzurichten. Da ich jedoch den linken Koffer, auf dem sie liegt, nicht herunterbekomme, habe ich keine Chance und bin froh, dass kurze Zeit später jemand vorbeikommt und mir dabei hilft. Zu zweit klappt es problemlos. Wieder alles Verladen fahre ich bis ans Ende weiter und sehe den Gletscher. Sehr beeindruckend. Zurück zum Platzwart bekomme ich einen Platz zugeteilt. Und was sehe ich? Neben mir stehen bereits Anna und Julian, die ich bereits auf Chiloé getroffen hatte. Als ob das noch nicht genug Zufall ist, treffe ich auch Rafael am Eingang, den ich in Chaitén in der Hosteria tags zuvor kennen gelernt hatte. Die Welt ist einfach klein. Ein kleiner Spaziergang zum See tut meinen Knochen gut. Und der Ausblick von hier oben über den See zum Gletscher ist phenomenal! Den Abend lassen Julian, Anna und ich bei einem Bier ausklingen. Leider merke ich, dass ich meine Schulter und Hüfte bei dem Versuch, Flecha alleine aufzuheben, verrissen habe.
Mo 18.1.2016
Was ist das? Die Sonne scheint durch die Wolken hindurch. Entspannt fahre ich nach Puerto Aysén, ohne am Ausgang des NP die eigentlich fälligen $5.000 zu bezahlen. Das nehme ich dankend an. Die Strecke führt durch wunderbare Schluchten, steile Serpentinen – gepaart mit Schotter eine echte Herausforderung – und kurvenreiche geteerte Straßen mit verschiedensten Düften. Dem Rat von Wayne folgend tanke ich in Mañihuales. Geld bekomme ich hier keines. Ich fahre weiter und bediene meine Navi, als mich ein plötzlich unter der Leitplanke hervorkommender Hund mir direkt vor das Rad läuft. Dieses Mal ist es noch gut gegangen. Ich konnte ausweichen. Irgendwann wird es wohl einen Hund kosten – hoffentlich ohne dass ich dabei „absteige“. In Puerto Aysén werde ich endlich fündig und der Geldautomat spuckt nach 3-maligem Versuch tatsächlich Geld aus. Ein gutes Gefühl. Gestärkt durch ein Menü direkt nebenan mache ich mich auf den Weg nach Puerto Chacabuco. Schnell werde ich frustriert, denn das nächste Schiff nach San Rafael fährt erst am Samstag (in 5 Tagen) und soll US$280,- kosten. Auf dem Rückweg fülle ich meine Vorräte im Supermarkt auf, in dem es jedoch an Vielem fehlt. In einem kleinen Supermercado werde ich dann doch noch fündig und bekomme Äpfel, Eier und Karotten. Das Wetter entwickelt sich unglaublich und lässt bizarre Wolkenformationen entstehen, die ich so noch nie gesehen habe. Es sind 24°C und hervorragende Bedingungen zum Motorrad fahren. Ein kleiner Abzweig kurz vor der Gablung nach Coyhaique führt mich auf einen wunderschön gelegenen Campingplatz, der von Nacho, einem Exil-Madrilenen und Sandra geführt wird. Es gibt einen Gemeinschaftraum mit Küche und Bänken sowie Feuerstelle. Außer mir sind hier noch zwei Schweizer (Daniel und Brigitte mit einem 20 Jahre alten LandCruiser), zwei Fahrradfahrer aus Deutschland/Irland und zwei Backpacker aus Holland/USA. Eine bunte Mischung. Jetzt erfahre ich, dass es auch von Puerto Tranquilo aus eine Möglichkeit existiert, nach San Rafael zu fahren. Das klingt doch schon viel positiver. Bei Gitarre und Wein kommen wir erst nach Mitternacht ins Bett.
Di 19.1.2016 Putz- und Flicktag
Sandra wäscht meine Sachen und ich nähe den Knopf wieder an meiner Hose an. Durch Zufall sehe ich, dass beim Rangieren auf der letzten Fähre das Gehäuse meines rechten Zusatzscheinwerfers gebrochen ist. Plastikgelump! Mittels Sekundenkleber, Kabelbinder und Panzerband sollte er jetzt wieder halten. Ansonsten genieße ich die Sonne, das Faulenzen und Lesen. Später erhalte ich noch Tipps für die weiter Fahrt gen Süden. Und die Reservierung für die Gletscherfahrt am Donnerstag hat tatsächlich geklappt. Somit werde ich mich morgen auf den Weg machen nach Puerto Río Tranquilo, zuvor in Coyhaique nochmal Geld holen, Tanken und Essen kaufen.
Mi 20.1.2016 Man trifft sich immer wieder
Erneut ein wolkenloser Tag mit Temperaturen bis 32°C. Nachdem die Straße zwischen Cerro Castillo und Puerto Tranquilo zwischen 14 und 18 Uhr gesperrt ist, kann ich mir Zeit lassen. Tanken, Geld holen und Einkaufen für die nächsten Tage in Coyhaique, dann laden die abwechslungsreiche Landschaft und die Kurven zum Cruisen ein. Und doch bin ich 1 ½ Std. zu früh in Castillo. Und ich bin nicht alleine am Übergang zum Schotter. Erneut treffe ich Anna und Julian zusammen mit einigen anderen „gestrandeten“ Backpackern. Und es kommt noch lustiger. Ein Mann mit Hut kommt direkt auf mich zu. Es ist Thomas aus München, der mein Nummernschild sah. Und er ist es, der die „deutsche“ Unterkunft zusammen mit seiner Frau Katrin betreibt, zu der ich gerade auf dem Weg bin. Er meint, es gibt auf jeden Fall eine Möglichkeit zum Übernachten. Na, da bin ich beruhigt. Vor uns stehen noch 3 ½ Std Schotterfahrt, die doch recht ermüdend sind. Leider kann ich auch nicht wirklich anhalten, da ich als Erster vorneweg froh bin, nicht den Staub der Anderen atmen zu müssen. Von Katrin bekomme ich noch einen Nudelsalat, bevor ich völlig erschöpft und mit leichter Sehnenscheidenentzündung ins kuschelige Bett falle.
Do 21.1.2016 Die Gletschertour
Aufstehen um 7.30 Uhr, Abfahrt um 8 Uhr. Vor mir liegen noch 33km Schotterpiste und um 9 Uhr ist Treffen. Rechtzeitig bin ich da, jedoch ist mein Name nicht auf der Liste. Hat wohl alles nichts genützt. Aber da sie nicht voll ausgebucht sind, kann Waldo mich trotzdem mitnehmen. Welch ein Glück! Zunächst müssen wir den reißenden Strom mit einem Boot überqueren (Die Brücke hinüber ist schon seit 4 Jahren versprochen…), dann geht es weitere 10km mit einem Kleinbus weiter zur Bahía Exploradores. Jetzt steige ich zusammen mit einer sehr netten sechsköpfigen chilenischen Familie in ein kleines Boot für 10 Personen. Mit 150PS geht es an Lagunen vorbei zu den Fjorden. Die ersten Eisberge tauchen auf. Und dann zeigt er sich in seiner vollen Größe: der Gletscher San Rafael. Bis zu 70m hoch und über 2km breit. Beim Hinfahren hören wir schon, wie er knaxst und ächzt. Und immer wieder fallen kleine und große Brocken ins Meer. Und dann gibt es den obligatorischen Whiskey „in“ the rocks, denn Waldo hat in einen Eisblock ein Loch gebohrt, aus dem wir nun trinken können. Ein unvergesslicher Ausflug, der sein Geld wert ist. Zurück bei Katrin und Thomas (www.campoalacaluf.com) bekomme ich ein leckeres Geschnetzeltes und unterhalte mich noch mit zwei Franzosen, die den 2-tägigen Ausflug machten.
Fr 22.1.2016 Mein erstes Mal – Wild Camping
Um 11 Uhr fahre ich dann zurück nach Tranquilo. Ich bin froh, dass ich den Ausflug gestern machte, denn heute hat sich der Nebel festgesetzt und die Sicht ist keineswegs so schön wie gestern. Ich suche das kleine Büro von destinopatagonia.cl und werde tatsächlich fündig. Ein Zettel an der Türe verheißt nichts Gutes. Erst morgen wird wieder geöffnet sein. Doch dann öffnet mir jemand die Türe und ich kann meine Schulden doch noch sofort begleichen. Jetzt Tanken und zur Abwechslung auch mal Öl kaufen, dann geht es zurück nach Puerto Murta (25km) und über Serpentinen, die sich bis auf 750m hochschrauben und einen herrlichen Blick eröffnen, weiter nach Puerto Sanchez (21km), von wo aus man die größere Catedral Mármol sehen soll. In dem Ort ist sonst nichts los, finde aber sofort Luis, der sich anbietet, mich mit dem Boot zu fahren. Wir tuckern am Ufer der kleinen Inseln entlang, und die durch tausende Jahre anhaltende Erosion entstandenen Formation sind weltweit die drittgrößten. Als ich ihn dann fragte, wann wir zur Kathedrale kommen, sagte Luis, dass es zu windig sei und wir heute dort gar nicht hinfahren. Und ein weiteres Kommunikationsproblem tritt beim Bezahlen auf, denn er möchte für diese einstündige Fahrt $30.000, da es egal ist, ob eine oder sechs Personen teilnehmen. Ich bin etwas schockiert und erhalte dann wenigstens einen Nachlass von $5.000. Lehrgeld. Dafür hat er mich noch meinen ersten Condor gezeigt! Ich fahre zurück zu einer Stelle, die ich zuvor zum Zelten ausgemacht hatte, fahre jedoch mal wieder daran vorbei. Also Wenden, und… nicht schon wieder. Erneut legt sich Flecha flach und ich warte nicht lange, bis mir wieder jemand hilft, sie aufzurichten. Jetzt ist das Windschild ein wenig verkratzt und schief. Den Rückspiegel kann ich wenigstens sofort wieder fixieren. Dafür ist der Platz einfach idyllisch. Als mein Zelt gerade steht, kommt doch tatsächlich der Besitzer vorbei, den ich freundlich frage, ob ich für eine Nacht mein Lager hier aufschlagen dürfe. Selbstverständlich, aber bitte kein offenes Feuer machen. Und das Wasser gleich hier am Bach ist absolut sauber und ich könne es bedenkenlos trinken. Sehr nett, hasta luego! Ich genieße den Abend bei guten Spaghetti mit Gemüse und Tomatensoße und Parmesan. Mein erstes „wildes“ Campen, denn in Chile sind wahrscheinlich die meisten Zäune weltweit verbaut. Es gibt so gut wie keine Grundstücke, die nicht eingezäunt sind.
Sa 23.1.2016 Und jetzt erst recht – Cathedral Mármol
Die Sonne schein, der Kaffee duftet. Ist das herrlich, in freier Natur das Frühstück zu genießen. Doch was ist das. Auf einmal fängt es an zu Tröpfeln. Und bis ich meine 7 Sachen zusammengepackt habe, ist daraus ein richtig ekeliger Nieselregen geworden. Welch ein Glück hatte ich nur bei der Gletschertour. Zurück in Tranquilo sehr ich gleich am Ortseingang eine Tafel mit Exkursionen zur Catedral Mármol. Und für $8.000 sitze ich 15 Minuten später im Boot und kann diese beeindruckenden Welten, die die Natur geformt hat, bewundern – und da die Capella direkt neben der Catedral liegt, sehe ich beide. Die Rückfahrt über den zweitgrößten See Südamerikas, den Lago Gral Carrera, ist stürmisch und feucht, denn es hat wieder begonnen, zu regnen. So bleibe ich zum Mittagessen hier und werde mit immer besser werdendem Wetter auf der Fahrt nach Cochrane belohnt. Und dann zeigt sich sogar noch die Sonne, als ich an der Stelle vorbeikomme, an der der Río Baker und der Río Neff aufeinander treffen. Was für Wassermengen. Zur Hochsaison ist es gar nicht so einfach, in Cochrane ein Zimmer zu bekommen, werde aber schlussendlich im Hostel Sur Austral fündig.
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4.Teil
So 24.1.2016 Begegnung der besonderen Art
Bereits morgens um 7 Uhr wurde ich mit Getöse und lautem Türenschlagen geweckt. Das war eine kurze Nacht, da ich noch 2 Uhr am PC saß. Eigentlich wollte ich mich heute auf dem Weg nach Argentinien machen, da der Wetterbericht für Caleta Tortel zu 100% Regen vorhersagte. Doch die Sonne schien und auch in Richtung Südwesten sah es gar nicht so schlecht aus. Also fahre ich die 130km – und werde nicht enttäuscht. Die Landschaft ist abwechslungsreich und die Straße, die teilweise doch eine anspruchsvolle Wellblechpiste ist, habe ich fast für mich alleine. Im Hintergrund die wie mit Puderzucker betreuten Anden. Ein paar Tropfen und stärker aufkommender Wind lassen mich in meine Regenkombi schlüpfen, doch der richtige Regen bleibt aus und in Tortel kommt sogar wieder die Sonne heraus, das doch sehr touristisch überlaufenen ist, seitdem die letzten 20km Straße fertiggestellt sind. Dennoch ist es sehenswert, wie der ganze Ort nur aus Holzhäusern besteht und nur über Holzstege verbunden ist. Selbst der Kinderspielplatz ist ganz aus Holz. Nach einem leckeren Lachs fahre ich zurück, um mir einen geeigneten und windgeschützten Platz zum Übernachten zu suchen. Kurz vor Cochrane biege ich in eine kleine Straße ab und finde eine schöne Wiese mit Bäumen, auf der die Hasen herumhoppeln. Aber was ist das? Ich habe die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Als das Zelt steht schauen mich zehn Rindviecher sehr neugierig an, was ich denn auf ihrem Territorium so treibe. Am meisten treibt mich die Sorge, dass so eine Dickhaut einfach über meine Spannseile trampelt und gar nicht bemerkt, dass daran mein Zelt hängt. So versuche ich sie zu vertreiben. Weitestgehend erfolgreich. Ein kleines Lagerfeuer erhöht die romantische Stimmung noch. Die Ruhe lässt mich bis 9.45 Uhr schlafen.
Mo 25.1.2016 Wunderbare Tierwelt auf dem Weg nach Argentinien
Die Sonne lacht, der Kaffee duftet und gegen 12 Uhr starte ich wieder. Ich versuche erneut mein Glück im Supermercado in Cochrane. Und er hat geöffnet und ich traue meinen Augen kaum. Hier erhält man so ziemlich alles: Außenbordmotor, Kettensägen von Stiehl, Router, Mikrowelle, TV, Tablets… Enorm, was in so einen kleinen Laden alles passt. Da ich kein Obst und Gemüse mit nach Argentinien mitnehmen darf, beschränke ich meine Einkäufe auf das Wesentliche – was sich hinterher herausstellt, unnötig war, denn ich werde nicht kontrolliert. Erstaunlicherweise ist ihnen das Wasser ausgegangen. Vor dem Laden treffe ich noch die Schweizer Bruno und Sandra, die mit einem ausgemusterten und umgebauten Armeefahrzeug seit acht Monaten unterwegs sind. Ich fahre 10km in Richtung Norden, bevor der Abzweig zum 73km entfernten Paso Roballos geht. Nach der dritten Kurve begegnen mir bereits die ersten Guanacos. Ich fühle mich in dieser Hochebene in eine völlig neue Welt versetzt, die ganz anders ist als die Caerretera Austral. Das Licht– und Schattenspiel ist atemberaubend und ein Condor zieht seine Kreise. Die Strecke jedoch erfordert erneut die vollste Konzentration, denn Wellblech, Schlaglöcher, grober Kiesel und plötzlich auftretende Seitenwinde erschweren die Fahrt nicht unerheblich. Und immer wieder ertappe ich mich bei kleinen Fahrfehlern. Heute muss ich besonders aufpassen. Im Rückspielel taucht ein Scheinwerfer auf, der recht zügig näher kommt. Nun traue ich meinen Augen kaum. Ich werde von einer Africa Twn (RD4) überholt – zu zweit, Respekt! An der Grenze treffe ich die beiden aus Tübingen kommenden Isi und Alex wieder. Von da an fahren wir gemeinsam weiter. Die Ausreise dauert keine zehn Minuten und 11km weiter findet die Einreise nach Argentinien statt. Ein einsamer Grenzbeamte schreibt akribisch mit Blaupause alle Daten ab. Glücklicherweise ist hier kein Andrang, denn schnell sind 20 Minuten rum. Alles in allem absolut problemlos und schnell. Wir sind in Argentinien. Der nächste Ort ist 70km weiter. Und auf unserer Fahrt sehen wir Flamingos und Gürteltiere und Nandus, eine kleine Straßenart. Nach 70km kommt nicht, wie erwartet, der kleine Ort – diesen Abzweig haben wir wohl verpasst – sondern die im perfekten Zustand geteerte Routa 40. Baja Caracola ist noch 15km entfernt, und wir können Tanken. Immerhin, denn sonst bietet dieser Ort sehr wenig. Ein Sandwich wird das Abendessen und im Vorgarten eines sehr interessanten Argentiniers, der seinen Grund als Campingplatz ausweist, können wir unsere Zelte aufbauen ($40,-, ca. €3,- p.P.). Wir trinken noch einen Wein und fallen müde gegen Mitternacht in unsere Schlafsäcke.
Di 26.1.2016 Kilometerfressen
Das Frühstück fällt in Ermangelung von Essbarem recht kurz aus. Und so machen wir uns bald auf den Weg nach Governando Georges auf der dann doch etwas langweilig werdenden RN40 weiter. Ein Fuchs kreuzt die Straße und zwischendurch bieten Seen, die wie kleine Oasen wirken, etwas Abwechslung. In Georges, das durchaus ganz nett ist, tanken wir und vor allem brauchen wir etwas Bargeld, was in Argentinien gar nicht so einfach zu bekommen ist, denn alle Kreditkarten, die mit einem Chip versehen sind, können nicht entsprechend gelesen werden. So stehen wir also ohne Pesos da und sind froh, dass der Besitzer des Club Coyote, in dem wir die bisher besten Empanadas essen, auch US Dollar (1:13) und Euro (1:14) wechselt. Gestärkt und mit ein bisschen Geld in der Tasche geht es weiter auf den letzten Kilometern Schotterpiste (72km) mit erstaunlich wenig Wind bis dahin. Ab Tres Lagos bekommt das Augen in Richtung El Chaltén wieder mehr geboten. Dort führt uns das Navi zu einem herrlich gelegenen Campingplatz. Der Ort ist touristisch überlaufen, bietet Geschäfte für jeden Bedarf und es herrscht ein irgendwie Hippiestimmung. Kletterer und Wanderer aller Nationen sind hier zu finden. Nach 530km gönnen wir uns unser erstes Steak und werden nicht enttäuscht. Es ist eines der besten, das ich je gegessen habe. Auch wenn Argentinien sonst recht teuer ist, bin ich gerne bereit, hierfür $210,- (ca.€15,-) zu zahlen. Der Wind hat sich gelegt und für die nächsten drei Nächte werden wir hier bleiben.
Mi 27.1.2016 23km zu Fuß
Ein herrlicher Morgen. Es ist fast windstill, die Sonne scheint und die angenehme Temperatur lässt und den Sendero Laguna de los Tres angehen. Für die 10,2km sind 4 Stunden anberaumt. Nach einem kurzen Anstieg geht es angenehm auf einem Höhenwanderweg weiter. Am ersten Mirador sehen wir den noch in Wolken eingehüllten Monte Fitz Roy (3.405m). Kurze Zeit später zeigt sich seine Spitze kurz in einem Wolkenloch. Mit jedem Kilometer wird die Sicht besser und bald zeigt sich der gesamte Gebirgszug in voller Pracht. Wir können uns gar nicht satt sehen und genießen jeden Schritt. Der letzte Kilometer ist der anstrengendste, für den wir dann auch 45 Minuten benötigen. Belohnt werden wir mit einem Blick, den man nicht beschreiben kann. Es war die Mühe wert! Der Abstieg ist etwas schneller, führt ein einem weiteren Basiscamp vorbei, und nach etwas mehr als acht Stunden sind wir rechtzeitig zur Happy Hour wieder am Ausgangspunkt zurück und gönnen uns zwei kühle Bier zur Belohnung. In der Gemeinschaftsküche herrscht Hochbetrieb. Es ist gar nicht so einfach, zwei freie Herdplatten zu ergattern. Mit Spaghetti an Gemüse und Tomatensoße beenden wir den wunderschönen Tag.
Do 28.1.2016 Faulenzertag
Während sich Isi und Alex eine zweite Tour zum Cerro Torre (3.102m) geben, gönne ich mir einen Faulenzertag und pflege meine müden Knochen. Die gestrige Tour steckt mir noch ganz schön in den Knochen.
Der Versuch, die Bilder hier in Zahlten hochzuladen, scheitert an der extrem langsamen Verbindung. Aber immerhin hat heute der Geldautomat Arg.Peso ausgespuckt.
Fr 29.1.2016 Gletscher Perito Mureno
Die Nacht war doch recht stürmisch. Obgleich das Zelt gehalten hat, ist es doch für solche Winde weniger geeignet, da es unheimlich flattert und mir so den Schlaf raubte. Von El Chaltén geht es 230km weiter nach El Calafate. Ich bin überrascht, wie gut diese Fahrt geht und wie abwechslungsreich diese Etappe ist. Alex und Isi sehen das etwas anders. Das liegt wohl an meinem „Schiff“ mit dem großen Windschild. Der Ort wirkt auf mich sofort sympatisch. Und ein Tipp vom letzten Platz bringt uns direkt zu einem sehr netten Campingplatz, der auch zusätzlich noch recht günstig Betten im Mehrbettzimmer hat, für das wir uns heute entscheiden, da wir alle keine Lust auf Zelt aufbauen haben. Nach guten Empanadas fahren wir weiter. Und nach 80km lustvoller Kurvenfahrt und $260,- (ca. €14,-) Eintritt steht er vor uns und wirkt auf mich noch beeindruckender als San Rafael: der Gletscher Perito Mureno. Leider wirkt er in der Abendsonne nicht ganz so schön wie am Morgen. Dennoch haben wir wieder solch ein Glück mit dem Wetter. Wieder zurück in El Calafate kaufen wir uns sehr gute Steaks, die wir uns in unserer Küche zubereiten. Dazu Wein, einfach richtig lecker!
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5.Teil
Sa 30.1.2016 Reifenpanne
Am Morgen schauen wir uns den durchaus netten Ort El Calafate an und trinken noch einen Cappuccino. Dann packen wir zusammen und als wir an die Tankstelle kommen, sehen wir schon den Tanklaster: 40 Minuten Wartezeit! Nur gut, dass es hier zwei Tankstellen gibt. Jetzt kann es weitergehen nach Cerro Castillo (Argentinien). Die RN40 ist am Anfang noch erstaunlich kurvenreich und macht richtig Spaß. Erst später wird es eintönig. War bisher alles geteert, ist der Shortcut jetzt wieder „ripio“ (span. Schotter). Plötzlich bleibt Alex stehen. Sein Blick zielt auf sein Hinterrad: ein Plattfuß? Ein Nagel hat sich tief hineingebohrt und einen großen Riss verursacht. Ist ja eigentlich kein Problem – wenn man einen Ersatzschlauch hat. Fehlanzeige! Also versuchen wir mit dem Flickzeug speziell für Motorradschläuche. Und dank des Kompressors ist der Reifen nach 20 Minuten wieder fit. Leider nur für kurze Zeit, denn der Flicken hält nicht und war wohl zu klein. In der Hoffnung, einen neuen Schlauch zu bekommen, mache ich mich auf den Weg in das 70km entfernte La Turbia. Leider erneut Fehlanzeige! Nur größere Flicken und neuen Kleber habe ich erstanden. Nach mehr als zwei Stunden bin ich zusammen mit ein paar Sandwiches wieder zurück. Der erneute Versuch scheitert jedoch auch nach weiteren 8km. Ich fahre 5km zurück zu der Kreuzung mit der Polizeistation, um mein Gepäck abzuladen und dann Alex und Isi mit Gepäck auch hierher zu fahren. Die Polizei hatte uns angeboten, unsere Zelte hier aufstellen zu dürfen, da hier weit und breit nichts mehr ist. Als ich jedoch zurück komme, haben bereits zwei Autos angehalten, und der eine Fahrer meinte, dass er einen Freund in La Turbia hat, der Schläuche verkauft (wie sich herausstellte, war es der Laden, der leider geschlossen war, als ich dort war). Er sei in drei Stunden wieder mit einem Schlauch zurück. Na, da bin ich ja mal gespannt. Ich fahre zurück zur Polizei und lade meine Sachen wieder auf. Man glaubt es kaum: nach etwas mehr als zwei Stunden ist Diego wieder mit einem Schlauch zurück. Der ist zwar etwas zu klein, sollte aber kein Problem sein. Und wo sollen wir schlafen? Auch das ist kein Problem. Er hat in La Turbia Cabañas (Ferienhäuser in der Größe einer Ferienwohnung). Also fahren wir in der Dunkelheit hinter ihm her, da zum Teil große Schlaglöcher die Straße schmücken. Auf einmal sehe ich den Scheinwerfer von Alex nicht mehr. Ich drehe um und sehe ihn fluchend am Straßenrand. Der Schlauch hat nicht gehalten! Wir laden Alex’ und Isis Gepäck ins Auto und fahren die restlichen 35km zum Cabaña. Jetzt erst mal schlafen. Morgen sehen wir weiter.
So 31.1.2016 Puerto Natale mit Hindernissen
Um 10 Uhr wird Alex abgeholt und sein Reifen wird fachmännisch geflickt. Nach zwei Stunden ist er tatsächlich mit einem fahrbaren Untersatz zurück. Wir verabschieden uns von Diego und seiner Frau Marcia, die uns kostenlos diese Nacht haben bei sich schlafen lassen und fahren in Richtung Puerto Natales zur Grenze nach Dorotea. Bei der Ausreise gibt es einen Stempel in den Pass und am nächsten Schalter geben wir den Zettel für das Motorrad ab. 3km weiter kommt die chilenische Einreise. Ein großer Reisebus steht da. Na, das kann dauern. Aber alles halb so schlimm. Es geht recht zügig. Erst wieder den Stempel in den Pass, dann die Einreise für das Motorrad am nächsten Schalter (scheinbar sind die Daten schon im Computer gespeichert, denn es dauert keine 2 Minuten) und zu guter Letzt die Kontrolle des Gepäcks (SAG), ob wir auch nichts mitgenommen haben. Stichprobenartig muss ich nur meinen linken Koffer öffnen. Es ist alles in Ordnung, und nach 20 Minuten sind wir wieder in Chile. Das ging schneller als gedacht. Leider verhält es sich mit der Luft in Alex’ Reifen ähnlich. Auch die ist schneller als gedacht wieder draußen. Der Schlauch ist geplatzt. So machen wir uns auf die Suche nach einem Hostel in Puerto Natales und haben Glück, noch drei Betten zu ergattern. Uns war nicht bewusst, wie viele Touristen hier sind. Mit dem Taxi fährt Alex zurück und lädt alles ein. Den Nachmittag genießen wir in der angrenzenden Cervezería und am Abend lädt mich Alex und Isi ins Steakhaus ein. Lecker wenn auch nicht vergleichbar mit dem guten Steak in El Chaitén.
Thomas, Du schreibst sehr lebendig. Dein sonniges Gemüt scheint durch und durch. Ich freue mich nach dem ersten Schnuppern auf mehr Lektüre. Bhüt Di Bernie
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Lieber Bernie, vielen Dank für das schöne Kompliment. Weiteres folgt. Versprochen 😊 Liebe Grüße, Thomas
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